Qualifizierte Ausländer kommen in Deutschland an
Die Koalition streitet über den besten Weg, neue Fachkräfte für das Land zu gewinnen - auch aus dem Ausland. Dabei ist die Erwerbslosenquote unter Ausländern heute besonders hoch. Sie trifft oft das Los aller Geringqualifizierten.
09. Dezember 2010
Unmittelbar vor dem Koalitionsausschuss an diesem Donnerstag suchen CDU, CSU und FDP nach einer einheitlichen Linie im Streit um die Zuwanderung von ausländischen Fachkräften. Der FDP-Innenpolitiker Hartfrid Wolff warf CSU-Parteichef Horst Seehofer eine „Verweigerungshaltung“ vor. Seehofer hatte gesagt, er habe vom CSU-Vorstand den Auftrag, keine Kompromisse zu machen. Dennoch hoffe er, dass sich die Koalitionspartner auf einige Eckpunkte zur Zuwanderung einigen könnten, sagte Wolff am Mittwoch.
Eine Verständigung erscheint jedoch schwierig, da die CSU eine Lockerung der Zuwanderungsregeln strikt ablehnt und es auch in der CDU Vorbehalte gibt. Besonders die von der FDP geforderte Senkung der Einkommensgrenze von 66.000 Euro im Jahr sei nicht akzeptabel, heißt es in der Unionsfraktion. Die FDP will hingegen darauf beharren und in diesem Punkt auch Lockerungen für nachziehende Ehepartner. Darüber hinaus brauche man weiter Kriterien wie Qualifikation und Integrationsfähigkeit, hieß es in der FDP, die weiter für ein Punktesystem wirbt.
Ausländer sind hierzulande mehr als doppelt so häufig arbeitslos wie Deutsche. Während die Arbeitslosenquote unter Personen ohne deutschen Pass im Oktober bei 14,7 Prozent lag, betrug sie unter Deutschen 6,3 Prozent. In Ostdeutschland suchte sogar mehr als jeder fünfte Ausländer (22,7 Prozent) Arbeit. Auch die Quote der Hartz-IV-Empfänger ist unter Ausländern rund doppelt so hoch wie in der einheimischen Bevölkerung, wie aus Statistiken der Bundesagentur für Arbeit hervorgeht. Die Ursache für die Unterschiede liegt aus Sicht der Arbeitsagentur vor allem in der mangelnden Bildung.
„Da Ausländer im Durchschnitt eine geringere Qualifikation aufweisen, haben sie schlechtere Arbeitsmarktchancen als Deutsche“, sagte eine Sprecherin der F.A.Z. Der Hamburger Ökonom Thomas Straubhaar warnt davor, aus den Zahlen auf eine fehlerhafte Integration zu schließen. Bei der über Jahre zugelassenen ungesteuerten (humanitären) Zuwanderung und bei Familiennachzug komme es fast zwangsläufig zu einer fehlenden Passgenauigkeit, sagte Straubhaar der F.A.Z. „Das hat gar nichts mit Integrationspolitik, sondern mit einer falschen Zuwanderungspolitik zu tun.“ Damit treffe Ausländer logischerweise das Los gering Qualifizierter, nämlich ein höherer Risiko der Erwerblosigkeit. Das habe wenig mit der Staatsangehörigkeit zu tun.
Während fast 17 Prozent der Ausländer in Deutschland über keinen Schulabschluss verfügten, seien es unter Deutschen nur 3,3 Prozent, berichtet die Arbeitsagentur. Ähnlich groß seien die Unterschiede beim Berufsabschluss. Während drei Viertel der arbeitslosen Ausländer nicht über eine Qualifikation verfügten, seien es unter den Einheimischen knapp 37 Prozent.
Entsprechend groß ist der Anteil der ausländischen Bevölkerung, die zur Sicherung des Lebensunterhalts auf Leistungen aus der Grundsicherung, Hartz IV genannt, angewiesen sind. Im Juli betrug diese Quote 17 Prozent, während sie unter Deutschen nur 8,1 Prozent ausmachte. Insgesamt belief sich die Zahl der ausländischen Leistungsempfänger im Mai auf rund eine Million. Nach absoluten Zahlen entfällt der mit Abstand größte Teil dabei 332.000 auf türkische Staatsbürger. Es folgen Bürger der russischen Föderation (66.000), aus Italien (55.000), Polen (44.000), Ex-Jugoslawien (44.000), der Ukraine (40.000), dem Irak (36.000) sowie dem Libanon (33.000).
Arbeitslosenquoten für unterschiedliche Nationalitäten rechnet die Bundesagentur nicht aus. Zwar gibt das Statistische Bundesamt an, wie viele ausländische Bürger eines Landes hier wohnen, die Definition ist aber nicht identisch. Im Falle Albaniens führe dies etwa dazu, dass es mehr albanische Hartz-IV-Empfänger gebe, als Albaner in Deutschland registriert seien. Dies liege vermutlich daran, so die Sprecherin, dass die Kosovo-Albaner unterschiedlichen Ländern zugerechnet würden. Eine gewisse Tendenz lasse sich jedoch ablesen. So weisen etwa Libanesen, von denen viele als Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber herkamen und zunächst nicht arbeiten durften, eine extrem hohe Hilfe-Quote von 90 Prozent aus. Von den Irakern seien rund zwei Drittel auf Hartz IV angewiesen, innerhalb von Türken jeder vierte.
Text: F.A.Z.
Bildmaterial: F.A.Z.
